Die fetten Jahre sind vorbei
Die Pflicht von Revolutionen ist die Umverteilung von Grundbesitz. Das war 1789 so, und die 68er nannten es Hausbesetzung. Noch 1994 harrten ein paar Enkel im Geiste in einem leer stehenden Berliner Haus aus, bis die Stadtoberen 500 Polizisten aufmarschieren ließen, um 25 Späthippies und zwei Hängebauchschweine vor die Tür zu setzten. Unter den Besetzern war damals auch ein 25-jähriger österreichischer Dorfpunk namens Hans Weingartner. Der hat den im Hier und Jetzt spielenden Film in Berlin gedreht, mit drei Mittzwanzigern in den Hauptrollen. Jan, Jule und Peter haben eine zeitgemäße Variante der Infragestellung von Besitz entwickelt. Sie brechen in Häuser ein, deren Bewohner abwesend sind, um die Möbel zu kleinen Hügeln zu stapeln oder das Meißner Porzellan in der Kloschüssel zu deponieren. Sie
klauen oder zerstören nicht, sondern hinterlassen einen Zettel mit der Notiz: „Sie sind zu reich – Die Erziehungsberechtigten“. Die Strategie der moralischen Anarchisten ist die inszenierte Verunsicherung. Doch mitten in einer Aktion werden sie vom zurückkehrenden Villenbesitzer Hardenberg überrascht und erkannt. Um Zeit zu gewinnen, entführen sie den Kapitalisten auf eine einsame Bergalm. Im deutschen Kino der 70er-Jahre unter Fassbinder oder Kluge wäre spätestens jetzt der Bleigürtel ausgepackt worden. Doch Ex-Punk Weingartner bekommt den Dreh zur menschlichen Komödie hin. Der leibhaftige Klassenfeind entpuppt sich als Altachtundsechziger, der in seinen Entführern seine Lebensgeschichte wieder erkennt, das Kommando übernehmen will und so freudig am Joint zieht und von Rudi Dutschke erzählt, dass die Kinder der Revolution ganz betreten sind.
Donnerstag, 24. Februar, Freitag, 25. Februar, Samstag, 26. Februar,
je 20:00 Uhr
