Globalisierung von unten - Umrisse eines globalen Projektes sozialer Gerechtigkeit
Das Ende der Bescheidenheit ? Neoliberalismus, Alltag, Widerstand
Markus Wissen (Bundeskoordination Internationalismus)
Von der Tobin Tax zum sozialen Widerstand ? ATTAC auf neuen Pfaden?
Werner Rätz (ATTAC-Koordinierungskreis)
Im Zeitalter der Globalisierung hat auch die Diskussion über soziale Gerechtigkeit eine
globale Dimension. Der neoliberale Umbau der Weltwirtschaft hat in den letzten zwanzig Jahren
die Grundlagen des nationalstaatsfixierten Gesellschaftsmodells der Nachkriegsjahrzehnte
unwiderruflich zerstört. Alternativen zur neoliberalen Politik müssen vom erreichten Niveau
der Globalisierung ausgehen. Eine Rückkehr zum relativ abgeschotteten nationalstaatlichen
Wirtschaftsraum wird es nicht geben, dafür ist die Transnationalisierung des Kapitals viel zu
weit fortgeschritten. Der nationale Binnenmarkt lieferte aber die ökonomische Basis für den
bisherigen Sozialstaat. Als Privileg der Gesellschaften des Nordens beruhte dieser nationale
Sozialstaat immer schon auf der strukturellen Ausgrenzung der Mehrheit der Weltbevölkerung.
Ein zukünftiges emanzipatorisches Projekt sozialer Gerechtigkeit muss deshalb über diese
nationalbornierte Form des Sozialstaates hinausweisen.
Bei der Suche nach neuen Formen einer solidarischen Ökonomie geht es nicht um bloße Utopie
und abstrakte Ideale. Die Ausgrenzung aus den Zusammenhängen des Weltmarktes hat insbesondere
in den Ländern des Südens bereits Millionen Menschen dazu gezwungen, ihr Überleben in Formen
der gesellschaftlichen Selbstorganisation zu sichern. In den Zusammenhängen der informellen
Ökonomie und in den weltweiten Migrationsbewegungen entstehen Netzwerke gegenseitiger Hilfe,
die unverzichtbare Erfahrungen für eine ?Globalisierung von unten' bereitstellen. Eine weder
markt- noch staatsfixierte Form der solidarischen Ökonomie muss an diese alltäglichen
Erfahrungen einer alternativen Vergesellschaftung anknüpfen.
Die Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) ruft am Wochenende nach unserer
Veranstaltung auf ihrem Kongress in Kassel die internationalistische Linke zum ?Ende der
Bescheidenheit' auf. Möglichkeiten der Aneignung des mit der Globalisierung einhergehenden
ungeheuren Reichtums und Erfahrungen mit Formen alternativer Vergesellschaftung sollen dabei
im Zentrum stehen. Die Frage, wie sich der Kampf um eine gerechte Weltwirtschaft mit dem
Widerstand gegen den Sozialabbau verknüpfen lässt, beschäftigt auch das globalisierungskritische Netzwerk ATTAC. Das politische Augenmerk hat sich längst weg von der
Tobin-Tax hin zum sozialen Widerstand verschoben.
