Motorpsycho—Tour 2002 - 2023, Tickets, Konzerte, Interviews
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Genre
Rock
Shows
108 Shows in 39 Städten / 8 Ländern
Zeitraum
20.11.2002 - 29.10.2023
Letzte Show
29.10.2023 - DE-Berlin, SO 36
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Blissard" wird bei mir immer noch mit Doppel-Z geschrieben, aber es handelt sich hier wohl um ein gar lustiges Wortspiel - ein wohltuender Sturm, oder so ähnlich. Nach dem Monster-Album Timothys Monster" (3LP/2CD) sind MOTORPSYCHO diesmal mit der Maxime ins Studio (ABBA-Studio in Stockholm) gegangen, ein wesentlich geschlosseneres Werk zu produzieren, da ihnen der aus dem letztjährigen Geniestreich entstandene Erfolg inzwischen selbst etwas unheimlich geworden war. Also diesmal keine lose Ansammlung von Songs, sondern eine eherne Demonstration von Geschlossenheit. Glücklicherweise hat das nicht so ganz geklappt, und so besteht Blissard" wie gewohnt aus einer wilden Mischung sphärischer Klänge, Noise à la SONIC YOUTH, derben Gitarrenriffs und lockeren Pop-Einsprengseln. Diesmal leider nur 60 Minuten lang, aber dafür mit allen leckeren Ingredienzen, die man so an dieser Band liebt. Hhmmmm!
Der Titelsong ist vom letzten Album "Blissard", die restlichen vier soweit unveröffentlicht. Ein nicht unbedingt notwendiges Teil, höchstens für beinharte Fans, da MOTORPSYCHO hier hauptsächlich ihrer Experimentierfreudigkeit freien Lauf lassen. Aber lassen wir den Jungs ihren Spaß.
Sie sind der Riesentanker des Alternative Rock: Unbeirrt von den um sie tobenden Stil-Unwettern ziehen die norwegischen Götter des Gitarrengewitters ihre Band, und wenn sie sich denn mal zu einer Kurskorrektur entschließen, kann selbst die nur eine allmähliche sein. Eine neue Platte des eigenwilligen Trios entzieht sich deshalb auch gängigen Bewertungskriterien: man nimmt es hin als Statement einer Autorität. Kritik? Nun ja, man könnte ihnen natürlich vorwerfen, doch bloß drogengetriebenen Hippierock zu spielen, für den jeder echte Punk nur Verachtung übrigen haben kann, doch weshalb? Erstens dreht sich die MOTORPSYCHO-Welt trotzdem weiter, und zweitens sind MOTORPSYCHO auch auf ihrer neuen Platte wieder schlichtweg brillant und einzigartig. Von anderen Alternative Rock-Größen kann man das derzeit nicht behaupten: neue SONIC YOUTH-Platten lassen mich schon seit drei oder vier Jahren kalt, DINOSAUR JR sind endgültig auf einem J Mascis-Egotrip verschollen, und dann ist da nicht mehr viel. Nein, MOTORPSYCHO ziehen auch bei ihrem diesjährigen Album wieder alle Register ihres Könnens, werden dem Albumtitel mit wunderbar ruhigen, sehr spärlichen Kompositionen einerseits und brachialsten Feedback-Rockorgien andererseits vollauf gerecht. Und wie gehabt sind sie große Vinyl-Liebhaber, denn außer der CD gibt's traditionsgemäß auch eine Doppel-LP-Version mit drei Bonustracks.
Ja, auch ich bin der Meinung, daß MOTORPSYCHO entschieden zu produktiv sind, und dann auch noch direkt eine Doppel-CD. Das gibt wieder viel Raum für langwierige Improvisationsteile und üppiges Herumgedudel. Früher war alles besser, denn da kamen die Norweger noch irgendwie auf den berühmten Punkt bzw. schrieben herrlich poppige Ohrwürmer. Aber inzwischen muß/kann man ihnen je nach Laune vorwerfen, entweder übelste Hippiescheiße zu produzieren oder ihre persönlichen Wahnvorstellungen, z.B. die PINK FLOYD der 90er werden zu wollen, zu einem neuen perfekten Höhepunkt geführt zu haben. "Trust Us" ist so ein überladenes Teil von Platte, daß einem entweder direkt übel wird oder man mit einer schmerzhaften Dauererektion gesegnet wird. Hier gibt es nur gut oder böse, aber meine Meinung dazu ist immer noch nicht ganz klar, anstrengend ist die Platte aber auf ihre ganz eigene Art bestimmt. Aber irgendwie verweist schon das herrliche, in Handarbeit (maschinell war es nicht machbar) verpackte Cover darauf, daß hier echte Überzeugungstäter am Werk sind, die an einer bestimmten, gut nachvollziehbaren Soundästhetik arbeiten nur den profanen kleinen Song verlieren sie dabei leider immer mehr aus den Augen.
Auch ein schöner Widerspruch: ein Auto auf das Cover packen und dann den Titel „Ozone“ wählen - aber wahrscheinlich ist das ja genau so beabsichtigt. Von MOTORPSYCHO ist diese 10“ (Stickman/Indigo), der Titelsong stammt vom Album, „Back to source“ war nur auf der LP-Version von „Angels...“ und die anderen drei gibt´s nur hier.
Business as usual würde ich mal sagen - einmal mehr die norwegischen Releasemaniacs bei der Arbeit.
Richtig schlechte Platten haben MOTORPSYCHO bisher eigentlich noch nicht aufgenommen, auch wenn ihre letzten Werke reichlich überproduziert waren und viel zu offensichtlich nach steriler Studioatmosphäre klangen. Insofern kommt diese Live-Platte - der wohl noch weitere folgen sollen - gerade recht, da sie mein inzwischen etwas schiefes Bild hinsichtlich der sympathischen Norweger wieder gerade rückt. Ich für meinen Teil glaube kaum, daß ich nach "Roadwork 1" jemals wieder das Bedürfnis haben werde, eine herkömmliche MOTORPSYCHO-Studioplatte anzuhören. Seltsamerweise ist diese Live-Aufnahme hauptsächlich für die Fans gedacht und es wird auch noch auf der CD darauf hingewiesen, daß "Roadwork 1" ganz anders sei, als andere Platten dieser Band, was beinahe einer Warnung gleichkommt. Was für ein Blödsinn, "Roadwork 1" ist einer der besten Live-Platten, die ich in letzter Zeit in die Finger bekommen habe, ein unglaublich krachiger, roher, kompromißloser und exzellent aufgenommener Rockbastard mit ausufernden Improvisationsteilen und ruhigeren melodischen Momenten, der genau die Qualitäten repräsentiert, die diese Band früher immer ausgemacht haben. Vergeßt den lahmarschigen Hippie-Pussy-Konzeptrock der letzten beiden MOTORPSYCHO-Alben, denn diese Platte rockt und zwar so verdammt heftig, daß man ab einer bestimmten Lautstärke Angst um seine Boxen und das Seelenheil seiner Nachbarn haben muß. Play it loud!
Uff, ich mußte ja schwer schlucken am Anfang. Ich als einer der leidenschaftlichsten MOTORPSYCHO-Fans war schon schwer geschockt, als mir statt der gewohnten rockigen/spacigen Klänge zum erstenmal "Let Them Eat Cake" zu Ohren kam. Die drei Norweger haben auf diesem Werk sämtliche verzerrten Gitarren in die Ecke gestellt, die neun Songs schwelgen in seligen Popgefilden und driften gelegentlich sogar ins Funkige und Jazzige ab. Es erinnert stellenweise vielleicht ein bißchen an "Timothy's Monster"-Zeiten, als MOTORPSYCHO wie auch jetzt mit Wurlitzern, Streichern und sonstigen Instrumenten experimentierten. Neu sind allerdings die Bläsersätze, und zum ersten mal überhaupt paßt das komplette Album auf eine einzige Kassettenseite!!! Naja, dass die Drei kein zweites "Trust Us" aufnehmen würden war ja klar, dafür ist die Band einfach zu kreativ, aber ich denke, mit diesem Werk haben sie einige Fans derbe vor den Kopf gestoßen. Denen sei damit geholfen, dass dieses Album nur die halbe Wahrheit ist. Im Laufe des Jahres ist noch ein zweiter Teil mit ausschließlich rockigen Liedern zu erwarten, eine Koproduktion von Man's Ruin und Stickman übrigens, namentlich Stickman's Ruin. Ich denke, man sollte dem Album trotzdem eine Chance geben, vor allem als Fan, denn MOTORPSYCHO legen immernoch Wert auf ausgeklügelte und vielschichtige Arrangements, man kann auch weiterhin unbesorgt dazu kiffen. Erschreckt euch aber bitte nicht, wenn ihr "The Other Fool", die erste Single im Radio hört, oder Interviews bei VIVA seht, ich wette, die Jungs bleiben trotzdem so nett wie eh und je.
Das bemerkenswerteste an dieser Band ist und wird immer sein, dass sie sich vor allem in der Hinsicht treu bleibt, niemals zweimal das Gleiche zu machen. Dies hier ist die zweite Veröffentlichung des Stickman-Sublabels, das nur MOTORPSYCHO-Livealben veröffentlicht. Wie auch schon der erste Teil zeichnet sich der zweite durch die coole Liveatmosphäre aus, die durch den authentischen Mix aufkommt. Im Gegensatz zum ersten Teil ist der hier allerdings beinharte Kost. MOTORPSYCHO live auf dem Kongsberg Jazzfestival 1995 (kurz nach "Timothy's Monster" also), zusammen mit THE SOURCE, einer norwegischen Freejazz-Kapelle. Die beiden spielten jedoch nicht etwa nacheinander, sondern gleichzeitig, weshalb das Album einerseits für Jazzfans nicht bedingungslos geeignet sein wird, andererseits die MOTORPSYCHO-Fans durch ungeahnte superschräge Bläserattacken verschrecken wird. Insgesamt ist die Session sehr psychedelisch ausgefallen und lohnt sich vor allem für die Gruppe der Fans, die, verwöhnt von "Trust Us", wieder zurück in Zeiten der älteren Sachen der Band wünschen. Trotzdem sehr, sehr anstrengend.
Und nochmal MOTORPSYCHO: "Barracuda" ist für mich der beste Release der Norweger seit langem, und zwar deshalb, weil sie hier zu ihren Anfangstagen zurückkehren. Nichts gegen Weiterentwicklung, ist ja schön und gut (und ihre Platten gefallen mir auch alle irgendwie), doch die frühen Sachen hatten einfach mehr Biss in ihrer stärkeren Rocklastigkeit. Mit "Barracuda", einem etwas mehr als halbstündigen Mini-Album ("Mini" in Relation zu sonstigen MOTORPSYCHO-Releases...), haben die Herren aus dem Norden eine Platte veröffentlicht, die bewusst schweinerockig angelegt ist, und damit endlich sieben Songs veröffentlicht, die ursprünglich für "Let Them Eat Cake" gedacht waren, dann aber doch zurückgehalten wurden und für die seit Ewigkeiten angedachte und geplante Platte auf Man's Ruin vorgesehen waren. Mr Kozik kriegt derzeit aber seine Scheisse nicht geregelt, weshalb die Band nach ewigem Vertrösten die Schnauze voll hatte von diesem "Kultlabel" und sich entschloss, die Sache wie gewohnt auf Stickman zu veröffentlichen. Eine weise Entscheidung, denn "Barracuda" gefällt mir sehr gut und überbrückt optimal die Wartezeit auf das für den Herbst angekündigte "richtige" neue Album.
Tja, ich glaube, die Zeiten, in denen MOTORPSYCHO ein wegweisendes Album nach dem anderen veröffentlichen, neigen sich allmählich dem Ende zu. Bitte nicht falsch verstehen, auf seine Art ist es auch diesmal wieder ein wunderschönes Pop-Album geworden. Aber für eine Band, die immer vermieden hat ein Album zweimal aufzunehmen, ist meiner Meinung nach der Unterschied zwischen dem Vorgänger "Let Them Eat Cake" und "Phanerothyme" nicht groß genug geraten. Schließlich haben sie Jahr für Jahr hart daran gearbeitet, die Meßlatte für das folgende Album möglichst hoch anzulegen. Es gibt diesmal noch mehr Bläser und Streicher, die Songs sind noch poppiger ausgefallen, nur, die Stimmung ist dieselbe wie auf dem ersten Kulturschock nach "Trust Us". Aber na ja, was soll´s. MOTORPSYCHO werden auch nicht jünger, bekommen nun immerhin nach all den Jahren endlich die Anerkennung, die sie verdienen, und dieses Album wird ihren Status nur untermauern.
Ich nörgle ja seit ein paar Jahren immer so an meiner erklärten Lieblingsband herum, von wegen der guten alten Zeit. Aber ich bin ja auch nicht allein! Nicht nur ich stehe dem neu eingeschlagenen Weg des norwegischen Quartetts eher skeptisch gegenüber. Ja klar, „Let Them Eat Cake" und „Phanerothyme" hatten auch was, aber in richtige Verzückung versetzen mich eben nur die Songs bis zum 96er „Trust Us". Nun, ich schätze, dieser Sachverhalt wird sich mit dem jüngsten Release schlagartig ändern. Zunächst mal ist dies hier in meinen Ohren die vollendete Symbiose aus altem und neuem Weg, aus unbeschwertem Sixties-Flair und getragenem Seventies-Vibe. Songs wie „Neverland" oder „What If..." sind die konsequente Fortsetzung der letzten beiden Werke, der Opener „Überwagner" hingegen, oder „Carousel" mit seinem gigantischen Streicher-Arrangement am Ende, sind wieder solche Songs, die mir durch begnadete Dramaturgie eine Gänsehaut nach der anderen bescheren - wie früher. MOTORPSYCHO sind dieserart jedenfalls wieder auf dem besten Weg zur alten Höchstform, verweigern sich weiterhin beharrlich jedweder Stagnation und gehören damit zweifelsohne zu den ganz besonderen Bands im Musikuniversum. (50:14)
Stickman hatte ja für diesen Sommer einige Überraschungen angekündigt - und bitteschön: die neue und endgültige Auflage des längst vergriffenen Soundtracks zu einem verkannten Klassiker des Western-Genres, dem Film "The Tussler", der vom Regisseur Theo Buhara, den es nicht gibt, nie gedreht wurde. Aufgenommen und veröffentlicht zwischen den Alben "Demon Box" und "Timothy's Monster" bietet dieses Werk äußerst countryeske Versionen einiger bis dahin veröffentlichter Albumtracks, sowie eine Handvoll eigens für den Film geschriebene Songs. Was 1994 ursprünglich mit elf Songs begann, umfasst nun - nachdem im Laufe der Jahre ein paar Lieder hinzugekommen sind - 21, die sicherlich nur ganz hartgesottenen MOTORPSYCHO-Fans wirklich Freude bereiten. Als Anhaltspunkt für Insider sei hier auch auf Gebhardts Bluegrass-Seitenprojekt HGH verwiesen. Sehr schön aufgemacht, aufwendiger als das Original und mit zahlreichen Fotos und Linernotes ist dies hier jedenfalls ein Segen für all die Sammler und Komplettisten, die lange nach einem der wenigen Exemplare des Albums gesucht haben. (79:12)
Besprechungen von Alben dieser Band sind für mich immer ein ganz besonderes Ereignis. Erstens, weil MOTORPSYCHO zu meinen absoluten Lieblingen zählen, zweitens, weil sich der Text fast von allein schreibt - so wechselhaft und umfangreich sind Werk und Wirken. Für mich sind die drei Alben nach "Trust Us" die am wenigsten Gehörten in der Diskografie der Norweger. Kennen gelernt habe ich MOTORPSYCHO zur Zeit der "Blissard", abgöttisch lieben gelernt eben mit "Trust Us", bei dem für mich einfach alles stimmte. Elf von zehn Punkten in der Ox-Skala. Klar also, dass ich alles Folgende an diesen früheren Glücksmomenten gemessen habe. Wie viele andere der alten Fans konnte ich mich nie richtig mit dem neuen Weg anfreunden, den die Norweger seit "Let Them Eat Cake" eingeschlagen haben. Die Alben sind kürzer geworden, die Songs luftiger, weniger Rock, mehr Pop. Aber genau damit hat die Band alles richtig gemacht: Die Hallen wurden größer, das Airplay in TV und Radio nahm zu. Und nun? Wieder alles anders. Drei Jahre nach dem letzten Album "It's A Love Cult" sind MOTORPSYCHO nur noch zu zweit, da sich Schlagzeuger Gebhardt ausschließlich seinem Projekt HGH widmen wollte. Bassist Bent übernahm auf der Aufnahme das Trommeln, und es stellt sich die Frage, wer von beiden der Bessere an diesem Instrument ist. Tatsächlich haben Bent und Snah, die Hinterbliebenen, diesmal auf jegliche Hilfe verzichtet und gleich alles selbst eingespielt - und sich dabei offenbar auf alte Tugenden besonnen. In drei Jahren hat sich eine Menge angesammelt, wie es scheint, Umfang und Format erinnern tatsächlich an die guten alten Zeiten. Aber auch auf den Sound trifft das zu: schwer und dicht kommen die insgesamt siebzehn Songs daher, die Gitarren verzerrt und mit den vertrauten Stoner-Anleihen, das Arrangement im besten Sinne matschig. Die Tasteninstrumente und die Streicherflächen, durch Tasteninstrumente simuliert, verströmen den altbekannten Charme. Und Bent und Snah brüllen wieder, wo es nötig wird. Es ist beinahe so, als hätten MOTORPSYCHO ihre Popsongs aus der Zeit der "Timothy's Monster", der "Blissard" oder der "Angels And Daemons At Play" noch einmal aufgenommen - zu Zeiten von "Trust Us". "Sail On Psychonaut", um mit den Worten der Band zu sprechen. Ich spreche von Popsongs, denn was noch fehlt zum Glück, das sind die überlangen Songs, diejenigen, die ganz leise anfangen und im orgiastischen Lärm enden. In dieser Hinsicht ist "Black Hole/Blank Canvas" wohl das kompakteste Werk bisher. Immerhin, von den oben angesprochenen Glücksmomenten finden sich einige auf diesem Album: der vorab veröffentlichte Song "In our tree" etwa, oder das euphorische "You lose". Insofern, finde ich, hat das Duo die alte Form noch nicht wieder erreicht, ist aber auf einem guten Weg dorthin. Direkt nach "Trust Us" wäre dieses Album hier vermutlich untergegangen, weil es ähnlich klingt und nicht so überwältigend ist - heuer, nach dem zwischengeschobenen musikalischen Ausflug in den Pop, kommt es genau richtig. "Black Hole/Blank Canvas" läuft bei mir tatsächlich wieder rauf und runter. (42:12/42:52) (08/10)
Besprechungen zu Alben von MOTORPSYCHO sind mir eine Herzensangelegenheit. Sie sind aber auch eine dankbare Aufgabe für jeden Rezensenten. Es passiert einfach jedes Mal eine ganze Menge zwischen den Alben, so dass sich ein Text ganz von allein tippt. Gemeint ist nicht nur, dass mit dem Einstieg von Schlagzeuger Kenneth Kapstad aus dem Duo wieder ein Trio geworden ist; gemeint ist damit auch die musikalische Entwicklung, die sich irgendwie immer um das Überalbum "Trust Us" dreht. Davor lief alles darauf hinaus, danach bemühte sich die Band, so weit wie möglich davon wegzukommen. Im Moment befinden sich MOTORPSYCHO in einer Phase, die zwischen ihren früheren Alben liegt, ganz so, als hätten sich die drei die Popsongs auf "Timothy's Monster", "Angels And Daemons At Play" oder eben "Trust Us" noch einmal vorgenommen und neu interpretiert. Dieser Weg wurde auf "Black Hole/Blank Canvas" eingeschlagen und wird nun konsequent weitergeführt. "Little Lucid Moments" ist dabei vor allem zweierlei: rasant! Mit Kapstad haben sich Hans und Bent einen Drummer ausgesucht, der mächtig Dampf macht. Und es ist monumental! Alle vier Songs sprengen die Elf-Minuten-Grenze, ganz besonders die atemberaubende vierteilige "Suite" zu Beginn. Nach den vielen Experimenten und Kurswechseln der letzten Jahre ist das Trio nun wieder auf der Reise zu einem neuen Überalbum, einem neuen "Trust Us", darauf läuft es wohl einfach hinaus. Aber schon jetzt zeigen sich MOTORPSYCHO in Hochform. (9)
Lange, lange wurde sie angekündigt, und nun ist sie endlich da, die MOTORPSYCHO-DVD. Genau genommen sind es sogar zwei geworden. Mit Band-DVDs ist das natürlich so eine Sache denn das ist oft nur etwas für eingefleischte Fans. Aber genau jene werden hieran ihre helle Freude haben, da "Hair Cuts" eine umfassende Dokumentation der bewegten und äußerst langen Karriere der Band ist. Auf der ersten DVD gibt es zunächst einmal sämtliche Musikvideos, die die drei Norweger jemals produziert haben, von der Gegenwart bis zurück ins Jahr 1991, als die Musiker noch jung waren und unmöglich aussahen. Letzteres scheinen die drei selbst so zu sehen, wie man leicht erfahren kann: Alle Videos sind mit einer oder zwei zusätzlichen Audiospuren ausgestattet, auf denen sich die Band über sich selber lustig macht oder etwas über die technischen und filmischen Details verrät. Abgerundet wird Teil 1 von zwei Dokumentationen über die Band aus den Jahren 1995 und 2000. Auch die zweite DVD lohnt sich. Kern ist der dritte Teil der bandeigenen "Roadworks"-Serie, bestehend aus ausgewählten Livemitschnitten. Bisher waren diese nur in CD-Form erschienen, hier nun also erstmals die visuelle Dokumentation eines Konzertes aus dem Jahr 2002, bei der man sich von den legendären Live-Qualitäten der Band überzeugen kann. Zusätzlich gibt es noch eine Alternativversion einer Dokumentation von der ersten DVD und drei weitere Musikvideos. Insgesamt enthalten die beiden Scheiben knapp sechs Stunden an Filmmaterial, was diese Veröffentlichung zu einer wahren Fundgrube und somit einem Hochgenuss für Fans wie mich macht. Lange hat man drauf warten müssen, aber das Warten hat sich gelohnt. Mit 20 Euro auch keineswegs zu teuer.
Etwas überraschend und ohne große Promotion erschien „Child Of The Future“ im Sommer 2009, so dass man unter Umständen erst davon erfuhr, als bereits dessen Nachfolger namens „Heavy Metal Fruit“ angekündigt wurde.
Grund: Das erstgenannte Album ist eine reine Vinylveröffentlichung, fast unabsichtlich entstanden, dafür aber unter Mithilfe von Steve Albini. Und wie es für MOTORPSYCHO typisch ist, weisen ihre letzten drei Alben, „Lucid Little Moments“ inklusive, zahlreiche Übereinstimmungen auf und sind doch alle irgendwie anders.
Tatsache ist: seit dem Einstieg von Drummer Kenneth Kapstad dominiert das musikalische Konzept der Improvisation, gipfelnd in überbordenden Kompositionen, die wie klassische Suiten in mehrere Sätze unterteilt sind.
Improvisiert haben MOTORPSYCHO zwar schon immer, selten aber war das freie Spiel so sehr gestalterischer Leitfaden für die Songs. Auf „Heavy Metal Fruit“ haben sie das kaum merklich auf die Spitze getrieben.
Zwanzig Jahre gibt es MOTORPSYCHO nun schon, aber die Überraschungen reißen einfach nicht ab. Vielleicht ist genau das aber auch der einzige Weg, eine Band derart lange aufrecht zu erhalten.
Gleichzeitig wird es aber immer schwerer, einzelne Alben im Gesamtkontext des Oeuvres zu verorten oder zu bewerten. Am besten, man lehnt sich zurück, lässt sich von der Musik treiben und wartet gespannt auf die nächste Überraschung aus dem Hause MOTORPSYCHO.
Etwas überraschend und ohne große Promotion erschien „Child Of The Future“ im Sommer 2009, so dass man unter Umständen erst davon erfuhr, als bereits dessen Nachfolger namens „Heavy Metal Fruit“ angekündigt wurde.
Grund: Das erstgenannte Album ist eine reine Vinylveröffentlichung, fast unabsichtlich entstanden, dafür aber unter Mithilfe von Steve Albini. Und wie es für MOTORPSYCHO typisch ist, weisen ihre letzten drei Alben, „Lucid Little Moments“ inklusive, zahlreiche Übereinstimmungen auf und sind doch alle irgendwie anders.
Tatsache ist: seit dem Einstieg von Drummer Kenneth Kapstad dominiert das musikalische Konzept der Improvisation, gipfelnd in überbordenden Kompositionen, die wie klassische Suiten in mehrere Sätze unterteilt sind.
Improvisiert haben MOTORPSYCHO zwar schon immer, selten aber war das freie Spiel so sehr gestalterischer Leitfaden für die Songs. Auf „Heavy Metal Fruit“ haben sie das kaum merklich auf die Spitze getrieben.
Zwanzig Jahre gibt es MOTORPSYCHO nun schon, aber die Überraschungen reißen einfach nicht ab. Vielleicht ist genau das aber auch der einzige Weg, eine Band derart lange aufrecht zu erhalten.
Gleichzeitig wird es aber immer schwerer, einzelne Alben im Gesamtkontext des Oeuvres zu verorten oder zu bewerten. Am besten, man lehnt sich zurück, lässt sich von der Musik treiben und wartet gespannt auf die nächste Überraschung aus dem Hause MOTORPSYCHO.
Vierter Teil der Serie an Live-Alben, die sinngemäß immer nur dann kommen, wenn MOTORPSYCHO finden, dass sie genug cooles Material haben. Und wer sich wundert, dass auf diesem Album eine vier steht, im CD-Regal aber nur drei Live-Alben: „Roadwork Vol.
3“ versteckt sich auf der DVD namens „Haircuts“. Das Rezept der Serie sollte mittlerweile bekannt sein: Man nehme Songs aus allen Schaffensphasen, erweitere sie um Improvisationen und dehne die ohnehin schon nie besonders kurzen Songs noch einmal gewaltig aus.
„Arne hassle“ vom aktuellen Album „Heavy Metal Fruit“ mutiert so zum 21-minütigen „Bomb-proof roll & beyond“, „All is loneliness“ – ein Klassiker der 1993er „Demon Box“ – scheitert auch nur knapp an der Drittelstunde-Hürde.
Die restlichen vier Songs sind im Zusammenhang des Albums besonders schön ausgewählt, da es die ganze Bandbreite des norwegischen Trios zeigt und neben all der Atmosphäre auch mal ein paar schlichte Melodien liefert.
In dieser Zusammenstellung und bei dieser Spielfreude reicht Volume 4 beinahe an den atemberaubenden ersten Teil heran.
So langsam kann man Bauchschmerzen bekommen. Der letztjährige Jazz-Rock-Brocken „The Death Defying Unicorn“ ist noch nicht mal ansatzweise verdaut, da kredenzen einem MOTORPSYCHO schon das nächste üppige Mahl.
Zugegeben etwas leichter als die letzten Gänge (lustig, wie sich die Plattenfirma schon fast dafür entschuldigt, dass „Still Life With Eggplant“ definitiv zugänglicher als die letzten paar Alben sei, aber trotzdem noch eine Herausforderung), nur wer soll das noch alles in sich hineinfuttern? Die Herren werden mit zunehmendem Alter immer produktiver und, ehrlich gesagt, habe ich den Überblick verloren, was da an Platten alles erschienen ist.
Und das, obwohl ich mich durchaus als Fan bezeichnen würde. So, und jetzt habe ich exakt 48 Stunden Zeit, das neue MOTORPSYCHO-Album zu hören und zu besprechen. Zwiespältige Angelegenheit, da ich mich einerseits darüber freue, andererseits jetzt schon weiß, dass ich „Still Life ...“ nicht einmal ansatzweise erschließen können werde.
Allein über das 17-minütige „Ratcatcher“ könnte man akademische Abhandlungen schreiben, doch dabei kann ich eigentlich nur verlieren. Deswegen mache ich es kurz und schmerzlos: „Still Life With Eggplant“ ist leichter und strukturierter als die Vorgängeralben, pendelt zwischen sommerlichen Hippie-Psychedelika und Schweinerockherbst, schweift aus und bringt doch alles auf den Punkt, was MOTORPSYCHO seit zig Jahren ausmacht.
Den Rest wird die Zeit zeigen. Oder auch nicht, denn die nächsten Aufnahmen mit dem neuen Gitarristen Reine Fiske sind schon im Kasten. Wahrscheinlich lesen wir uns vor Jahresfrist also wieder und ich jammere euch die Ohren voll, dass ich immer noch nicht weiß, was ich von „Still Life ...“ halten soll.
Alternativ kann ich dann eine Besprechung zu „Heavy Metal Fruit“ anbieten, bis dahin habe ich es durch.
Die Norweger MOTORPSYCHO sind schon eine gefühlte halbe Ewigkeit dabei, 1989 kamen sie zusammen, 1991 erschien das Debüt „Lobotomizer“ . In ihrer Heimat waren sie wohl sogar mal so was wie „Pop-Stars“ – man will es nicht so recht glauben –, in Besprechungen in diesem Heft fiel oft der Name SONIC YOUTH als Vergleich und sehr oft auch das böse Wort Alternative Rock.
Seltsamerweise wurden MOTORPSYCHO in den letzten Jahren immer radikaler und sperriger, denn die Norweger haben inzwischen großen Spaß daran, sich mit ihrem schon immer ausgeprägten handwerklichen Können in den Sphären von Progrock und Jazz auszutoben, was ihre Platten komplex und anstrengend macht.
Aber eben auch extrem spannend, was sich auf „Behind The Sun“ deutlich zeigt. Dabei starten MOTORPSYCHO mit recht melodischen Songs, bevor sie sich in einen gleichwohl gut strukturierten Improvisationsrock-Rausch spielen.
Bei einer ernsthaften Auseinandersetzung mit der Musik von MOTORPSYCHO hilft einem YES-Bashing jedenfalls nicht weiter, denn denen stehen die Norweger inzwischen näher, als es im Fall von SONIC YOUTH wahrscheinlich jemals der Fall war.
Als das dritte Album der Norweger MOTORPSYCHO 1993 erschien, traf die Band damit szeneübergreifend einen Nerv: Ob Hardcore- oder Rock-Magazin, damals war jeder von „Demon Box“ begeistert. Ihr sperriger Noiserock passte in die Zeit, HELMET und UNSANE wurden gefeiert, und die Formation um Hans Magnus Ryan und Bent Sæther ergoss gleich im Doppelalbum-Format zähe, sperrige, spacige, noise Musik über den Zuhörer, die in ihren besten Momenten aber auch noch eingängig und mitreißend und atmosphärisch und experimentell war – bei „Nothing To Say“ etwa.
Das norwegische Label Voices Of Wonder hatte damals die CD und Doppel-LP, die zusammen mit dem ’94er Folgealbum „Timothy’s Monster“ die erstaunliche Karriere der bis heute aktiven Band begründete, veröffentlicht.
2001 wurde die CD erneut aufgelegt, seitdem wohl nicht mehr. Das ebenfalls norwegischen Label Rune Grammofon (und nicht der langjährige Hamburger Labelpartner Stickman) haben nun endlich „Demon Box“ wieder zugänglich gemacht, sowohl in Form einer opulenten Vinylbox wie als Quintuple-CD-Box.
Die erste und die zweite CD enthalten die Seiten A und B respektive C und D der LP, auf Disc 3 finden sich die „Mountain“-EP und die „Another Ugly“-EP. CD4 enthält „rarities, outtakes & live recordings“, CD5 den Mitschnitt ihres Auftritts am 19.09.1993 im Vera in Groningen.
Ein veritabler Klassiker – kaum vorstellbar, dass irgendwer, der MOTORPSYCHO liebt, das Album nicht hat, aber wer weiß ... Kommt mit dickem Booklet mit ausführlichen Linernotes.
Norwegen verneigt sich vor einer seiner großartigsten Bands. Im National Museum of Popular Music in Trondheim läuft seit Mitte Oktober und noch bis Ende April 2016 unter dem Titel „Supersonic Scientists“ eine Ausstellung über die Band MOTORPSYCHO.
Und die Band hat diese Retrospektive zum Anlass genommen, ihren eigenen Backkatalog zu durchforsten und ihre besten Songs auf ein dickes, fettes Doppelalbum zu packen. Denn da gibt es einiges im Portfolio: neben 15 Studioalben existieren unzählige EPs, Live-Alben, Kollaborationen und Projekte.
Musik, die vor allem den jüngeren Hörern wahrscheinlich nicht geläufig ist, deshalb trägt die famose Zusammenstellung auch den Untertitel „A Young Person’s Guide To Motorpsycho“. Und zur besseren Übersicht gibt’s ein Faltblatt mit einer Art Stammbaum, wer wann bei welcher Aufnahme dabei war.
Die 17 Songs zeigen nahezu alle Facetten der Trondheimer Soundpioniere. Die schroffen und lauten Momente, die zuckersüßen Melodien und die stillen Episoden. Eine Kompilation, die belegt, wie unglaublich diese Band aus Trondheim in den vergangenen 25 Jahren war und immer noch ist.
Und zwar abseits vom Mainstream und ohne Anbiederungen an aktuelle Trends oder Modewellen. Ein fantastisches Doppelalbum ohne Schwachstellen, das Lust auf weitere 25 Jahre macht.
In Norwegen sind die inzwischen seit über 25 Jahren existierenden MOTORPSYCHO eine echte Institution, aber auch Indie-Hipster weltweit wissen diese musikalisch außerordentlich virtuose Band zu schätzen.
Ihre Neunziger-Jahre-Frühwerke wie „Demon Box“ oder „Timothy’s Monster“ haben verdientermaßen Klassikerstatus erlangt, und an Produktivität hat es den Norwegern bisher noch nie gemangelt.
Nicht jeder alte Fan ist allerdings gleichermaßen davon begeistert, dass MOTORPSYCHO in den letzten Jahren mehr an ausufernden Psychedelic- und Progrock-Exkursen interessiert waren als an wirklich songorientierten Alben.
Dafür ist die aktuelle Veröffentlichung „Here Be Monsters“ der beste Beleg, die zwar in sieben Songs unterteilt ist, aber eigentlich wie eine Art durchgängige Suite funktioniert und vorwiegend als Einheit wahrgenommen wird.
Böse Zungen empfahlen deshalb auch als besseren Titel „Here Be Monotony“, denn MOTORPSYCHO betreiben hier eine Form von PINK FLOYD- oder GENESIS-Nachahmung, die oft etwas ins Leere läuft, auch wenn das handwerkliche Vermögen der Norweger nach wie vor äußerst beeindruckend ist.
Es hapert allerdings am emotionalen Input – vielleicht dadurch bedingt, dass der Ausgangspunkt für das Album ein Museumsprojekt war –, weshalb eine bessere Alternative dazu ein Steven Wilson darstellt, dessen ähnlich gelagertes Songwriting eine wesentlich persönlichere Seite besitzt.
Es gab mal eine Phase in den Neunzigern, als die 1989 gegründeten MOTORPSYCHO fast so etwas wie eine Konsensband waren, die auch szeneübergreifend akzeptiert wurde. Diese Zeit ist schon länger vorbei, denn die Norweger verloren immer mehr das Interesse an profanen Rocksongs und tobten sich stattdessen in den Gefilden von Jazz- und Progrock aus.
Für Fans der Frühwerke eine inzwischen eher verstörende Erfahrung. Außer Frage steht dabei das Können der beiden Gründungsmitglieder Hans Magnus Ryan (gt/voc) und Bent Sæther (bs/voc), die auch weiterhin die Band prägen.
Nach dem etwas eindimensionalen Album „Here Be Monsters“ von 2016 bemühen sich MOTORPSYCHO auf „The Tower“ um deutlich mehr musikalische Diversität in Form eines epischen Doppelalbums, was natürlich auch wieder eine echte Herausforderung darstellt in Zeiten immer kürzer werdender Aufmerksamkeitsspannen.
Allerdings bemüht man sich, allzu selbstverliebtes Gitarrengegniedel in greifbarere Rockstrukturen einzubetten, was dann gar nicht so weit von den Landsleuten SPIDERGAWD entfernt ist, wo Sæther ebenfalls mitspielt.
Auf der zweiten Disc gibt es dann verstärkt entrückt folkige und bisweilen BEATLES-eske Melodien, die das ambitionierte Doppelalbum in eine entspanntere Richtung steuern und MOTORPSYCHO zu sowas wie den YES oder KING CRIMSON des aktuellen Jahrtausends machen.
Eines kann man den Norwegern MOTORPSYCHO in ihrer gut dreißigjährigen Karriere sicherlich nicht vorwerfen, und zwar mangelnde Ambitionen. Nicht erst auf ihren letzten beiden Platten „The Tower“ (2017) und „The Crucible“ (2019) tauchten MOTORPSYCHO tief in die Sphären des komplexen, epischen Progrock ein, und für wen Bands wie YES, SOFT MACHINE, HAWKWIND oder KING CRIMSON schon immer ein rotes Tuch waren, der dürfte den Norwegern eher mit Abscheu begegnen. Wobei einen ihr an Russ Meyers Film „Motorpsycho“ angelehnter Name schon immer auf eine völlig falsche Fährte führte. Mit dieser Hinwendung zu solch einem eher vertrackten jazzigen Umgang mit Rock haben die Norweger sicher auch viele langjährige Fans verloren, die jetzt lieber SPIDERGAWD hören, bei denen das MOTORPSYCHO-Ex-Mitglied Kenneth Kapstad mitspielt. Bands behaupten ja gerne, ihr neues Album sei das beste, MOTORPSYCHO dürfen aber auf jeden Fall sagen, dass „The All Is One“ definitiv zu ihren besten Platten gehört. Schon „The Tower“, ebenfalls ein Doppelalbum (auch so ein Relikt der Siebziger), beeindruckte mit songwriterischer Brillanz und musikalischer Virtuosität, war allerdings auch sehr anstrengend und sperrig, was den Spaß daran etwas schmälerte. Auch „The All Is One“ erstreckt sich wieder über vier LP-Seiten beziehungsweise zwei CDs und wartet gleich mit zwei zwanzigminütigen Brocken auf, bei denen MOTORPSYCHO all ihre unterschiedlichen Gesichter zeigen und ihren früheren melodischen Indierock quasi in kosmische Weiten katapultieren. Für mich ist „The All Is One“ definitiv ein spätes Meisterwerk der Norweger, enttäuschte Fans der ersten Stunde haben dazu wahrscheinlich eine andere Meinung.
Beim letztjährigen Album „The All Is One“ musste ich den altgedienten Norwegern MOTORPSYCHO bescheinigen, dass ihnen damit ein spätes Meisterwerk gelungen war, bei dem die Band die gesamte Bandbreite ihres musikalischen Könnens zeigt. Noch so einen Geniestreich innerhalb kürzester Zeit hätte man deswegen auch nicht erwartet, und so präsentieren sich MOTORPSYCHO auf „Kingdom Of Oblivion“ deutlich konventioneller und zugänglicher. Das macht es natürlich nicht zu einem schlechten Album, denn MOTORPSYCHO arbeiten sich auch hier auf ihre typische Art durch klassischen Hard- und Progrock, verbinden das mit ihrem bekannten Gespür für melodische Parts, scheinen aber mehr daran interessiert gewesen zu sein, ein straightes Rock-Album zu kreieren als ein vertracktes und komplexes Monster, wie es „The All Is One“ eins war. Natürlich sind die Norweger auch auf „Kingdom Of Oblivion“ alles andere als eine einfallslose Siebziger-Retro-Band, schlagen reichlich Haken bei der Aneignung solcher Rock-Klischees und drehen diese ebenfalls ordentlich durch den Fleischwolf. Was bei oberflächlicher Betrachtung noch wie bekannter Seventies-Rock klingt, driftet schnell ins Experimentelle ab, und so bleibt auch „Kingdom Of Oblivion“ eine ziemlich unberechenbare Angelegenheit. Wie sagte noch der legendäre Radio-Discjockey John Peel zu THE FALL: „Always different, always the same.“
In den letzten Jahren hatten die altgedienten Norweger MOTORPSYCHO mit „The All Is One“, „Kingdom Of Oblivion“, „The Crucible“ und „The Tower“ exzellente Spätwerke aufgenommen, zumindest wenn man ihrem über die Jahre verfeinerten komplexen und vertrackten Hard- und Progrock noch etwas abgewinnen konnte. Zur einfallslosen Siebziger-Retro-Band wurden MOTORPSYCHO damit aber nie, dafür blieb ihre durchaus experimentelle Aneignung von Seventies-Rock immer zu unberechenbar und anspruchsvoll. Mit „Ancient Astronauts“ (der Erich von Däniken in Erinnerung rufende Titel passt recht gut zum krautrockigen Aspekt ihrer Musik) machen sie es ihrem Publikum nicht unbedingt leichter, denn die Platte besteht nur aus vier, überwiegend auf Gesang verzichtenden Stücken – das längste ist 22 Minuten lang, das kürzeste zwei – mit langen Instrumentalteilen und sehr melodischen, folkigen Intermezzi, die für ein Filmprojekt und eine Tanzaufführung entstanden. Das Ganze wurde wohl live im Studio als Trio aufgenommen und besitzt dadurch einen noch stärkeren Improvisationscharakter. Die grundsätzliche Energie und Virtuosität, mit denen MOTORPSYCHO seit längerem Prog umkrempeln, blieb auch hier erhalten, aber es kommt unter dem Strich kein so richtig homogenes und für jeden gleichermaßen zugängliches Album dabei heraus, wobei es auch nicht die songwriterische Qualität der oben erwähnten Platten besitzt, trotz immer wieder mitreißender Momente, vor allem wenn die Norweger sich in wilden rockigen Exzessen ergehen.
In letzter Zeit hatte ich ja meine helle Freude an der vertrackten und komplexen Aneignung von Prog- und Seventies-Rock durch die altgedienten Norweger, deren hohe musikalische Virtuosität gepaart mit stilistischer Unberechenbarkeit in dieser Hinsicht nur wenige Bands erreichen. Mit „Yay!“ haben sie jetzt allerdings ein etwas irritierendes Album aufgenommen, denn die Verstärker hat man zu Hause gelassen (mit wenigen Ausnahmen wie „Hotel Daedalus“, mit dem sie sich für den nächsten James Bond-Film empfehlen) und sich stattdessen mit Akustikgitarren und Bongos auf einer Picknickdecke an einem schön sonnigen Tag auf einer Blumenwiese gesetzt, um den innern Hippie in sich rauszulassen. Mehr Flower-Power hatten die Norweger bisher noch nicht im Programm. Wenn der Titel „Yay!“ im Sinne von „Freude, Zustimmung oder Erregung ausdrücken“ zu verstehen ist, dann fällt meine Reaktion diesmal etwas reservierter aus. Ist das jetzt genial oder doch eher etwas cheesy? Wie bei allem, was MOTORPSYCHO anpacken, ist auch hier das musikalische Niveau extrem hoch, dennoch ist es gewöhnungsbedürftig, wenn sich die Norweger überwiegend als leicht verstrahlte naturverbundene Blumenkinder präsentieren. Wahrscheinlich muss man die Platte einfach noch zehnmal hören, um in dieser Hinsicht zu einem befriedigenden abschließenden Urteil zu kommen.