Spricht man in Deutschland Leute auf das Thema Integration an, sind die Reaktionen, mit denen man rechnen kann, entweder emotionale Wutausbrüche oder nur müdes Abwinken: Betroffenheit bei den einen, Langeweile aufgrund von Endlosdiskussionen bei den anderen. Spätestens seit Thilo Sarrazins Interview in Lettre International ist sogar unserer wöchentlichen Sonntagabendunterhalterin Anne Will das Thema Integration einen Platz auf ihrer Agenda wert. Abwechslung diskutiert hierüber nicht ausschließlich die Bundesrepublik und tritt ihre deutsche Befindlichkeit breit, auch viele internationale Künstler setzen sich mit Integration auseinander. Was liegt dann näher, als sich mit Musikern zu unterhalten, die ihrer neuesten Veröffentlichung den Titel „Integration“ geben? Hierbei handelt es sich um die siebenköpfige Balkan-Punkband KULTUR SHOCK, ein Zusammenschluss von Künstlern, die aus den USA, Bulgarien, Bosnien, Japan und Indonesien stammen, in Seattle arbeiten und derzeit durch Europa touren.

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Ox Fanzine #88 als PDF

Reviews

KULTUR SHOCK

Kultura Diktatura

Geil! Das dritte Album der mir bis dato leider unbekannten multi-ethnischen Band aus Seattle bietet eine Art balkanisierte Weltcoreversion von FAITH NO MORE meets brachiale FIREWATER im Moshpit, wie sie jeden bioladentauglichen Wohlfühl-Soundtrack in Grund und Boden rockt. Das geflügelte Wort vom kulturellen Melting Pot wird hier gänzlich neu interpretiert: Rohen Punk zitieren die Musiker so behände wie sie orientale Skalen und HipHop, Rumba, Samba und Hardcore zu einem Musikerlebnis verschmelzen, das so furios und aggressiv wie mitreißend und lebensbejahend ist und beweist, dass sich politischer Anspruch und Partytauglichkeit nicht ausschließen müssen. Funky und treibend, exotisch und vertraut, folkig groovend und brachial riffend reißen KULTUR SHOCK sämtliche stilistischen und (musik-) kulturellen Grenzen nieder, ohne sich je in Crossover-Beliebigkeit oder gar pittoresker Volkstümlichkeit zu verirren. Ich kann mir nur vorstellen, welche Energie diese fantastische Band auf der Bühne entfesselt. Die muss ich unbedingt live erleben. (52:29) (10/10)

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Ox Fanzine #55 als PDF

KULTUR SHOCK

Dialogs DVD

Sarah Möckel und Stefan Schulte alias Rebelfilms, Urheber der PANTEÓN ROCOCÓ-Doku "Rebel Music", sind momentan für ein Jahr in Mexiko, um an einem etwas größeren Filmprojekt zu arbeiten. Mitten in dieser Zeit ereilte sie im Frühling die Einladung, für ein paar Tage nach Seattle zu fliegen, und dort eine Doku über die Band KULTUR SHOCK zu drehen. Dieser Film zeigt schon, dass seit den Aufnahmen zu "Rebel Music" einiges an Erfahrung gesammelt wurde, die Qualität ist deutlich besser, die Interviews sind strukturierter. Geblieben ist aber der ganz persönliche Charme, die Unbefangenheit, mit der die Musiker reden, und zwar über viel mehr als nur Musik. So erfährt man, warum Musiker aus Bosnien, Bulgarien, Japan und den USA zusammen Gypsy- und andere Balkan-Klänge mit Ska, Jazz, aber auch schnellstem Punk, Hardcore und Metal vermischen. Warum es einen ehemaligen jugoslawischen Popstar, der immerhin vier Langspieler in die dortigen Charts brachte, nun als Sänger dieser politisch angehauchten Band von Seattle aus in kleine Clubs in aller Welt treibt - und warum die Band, das Projekt, KULTUR SHOCK seine Heimat gerade in Amerika und nicht irgendwo in Europa hat. Interviews mit den sehr sympathischen Musikern wechseln sich mit Konzertszenen ab, und es ist Rebelfilms wieder gelungen, eine eindrucksvolle Dokumentation zu erstellen, die von der ersten bis zur letzten Minute spannend zu schauen ist, selbst wenn man kein großer Fan der Band sein mag. Schade nur, dass in Seattle nicht so eindrucksvolle Aufnahmen von Land und Leuten möglich waren, wie in "Rebel Music". Nichtsdestotrotz ein großartiger Film, besonders wenn man bedenkt, dass die komplette Bearbeitung unter einfachsten Umständen wieder in Mexico City durchgeführt wurde. Und ich bin gespannt wie ein Flitzebogen, was Sarah und Stefan uns von dort noch an tollen Bildern mitbringen werden. (09/10)

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Ox Fanzine #61 als PDF

KULTUR SHOCK

We Came To Take Your Jobs Away CD

Warum sprießen zurzeit eigentlich die Folk-Punk-Bands wie Pilze aus dem Boden? "Momentan reimt sich Folk-Punk eben nicht schlecht auf Erfolgs-Punk oder gar Volksbank", möchte man spötteln, aber dann fallen einem Bands wie KULTUR SHOCK ein, die schon seit 10 Jahren auf höchstem Niveau Balkan-Punk spielen und trotzdem vergleichsweise wenig Gehör finden. Ihr bosnischer Frontmann Gino Srdjan Yevdjevich steht Eugene Hütz von GOGOL BORDELLO in Sachen interessante Biografie und - vielleicht daraus resultierendem - Charisma in nichts nach. Auch musikalisch geht es in eine ähnliche Richtung und eigentlich wäre es gerechter, würde ich an dieser Stelle erklären müssen, wer eigentlich diese GOGOL BORDELLO sind. KULTUR SHOCK sind härter, abwechslungsreicher, und wenn es hier um Politik geht, dann mit einer (trotzdem humorvollen) Abgeklärtheit, die vielleicht nur Leuten zu eigen ist, die so hautnah unter einem Krieg leiden mussten, wie es bei gleich mehreren Mitglieder von KULTUR SHOCK der Fall war. Vielleicht gelingt ihnen mit dieser Platte ja endgültig der verdiente Durchbruch. (42:13) (7)

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Ox Fanzine #68 als PDF

KULTUR SHOCK

Integration

Eines sei gleich vorweg klargestellt: Nein, ich fühle mich beim neuen KULTUR SHOCK-Longplayer zu keiner Zeit an GOGOL BORDELLO erinnert, auch wenn dieser Vergleich viel zu häufig gezogen wird. Zu schnell spielt der Schlagzeuger, zu hart klingen die Gitarren, zu hektisch sind die Songs der Band und zu viele Stile des globalen Musikkosmos’ werden hier verquirlt.

Da verbietet sich ein Vergleich mit den in Gypsy-Musik verhafteten Kollegen von der Westküste. Nach dem zweiten Durchlauf von „Integration“ weiß ich nun endlich, woran mich das Ganze erinnert.

Kennt noch jemand LIFE AFTER LIFE, die einst auf Alternative Tentacles eine großartige Platte veröffentlicht hatten? Nur dass KULTUR SHOCK noch extremer an das Mixen von Weltmusik und Punk herangehen.

Eben noch dringt ein Country-Banjo in dein Ohr und schon im nächsten Takt sägt sich eine verzerrte Geige aus den Karpaten in deine Hirnwindungen. Und hier tritt auch schon der einzige Kritikpunkt zutage: Manchmal will die Band einfach zu viel zu viel.

Drei Musikstile und fünf Ideen in einem Song zu verarbeiten, muss für mich einfach nicht sein. Manchmal ist weniger einfach mehr. Aber was soll’s, ihre volle Kraft entfaltet die Band sowieso nur auf der Bühne und ein Tonträger kann ihre unbändige Power eigentlich nur limitieren.

Freuen wir uns auf die Tour im Herbst.

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Ox Fanzine #86 als PDF

KULTUR SHOCK

Fucc The I.N.S.

Die Balkan-Punkband KULTUR SHOCK gründete sich 1996 in Seattle. Sänger Gino Srdjan Jevdjevic (in Jugoslawien war er bei der Balkan-Pop-Band GINO BANANA aktiv) floh vor dem Bosnienkrieg in die USA und kombinierte die traditionelle Balkanmusik jetzt mit Metal, Punk, Funk und Artrock. Das klingt absolut vielseitig (nicht nur Jello Biafra zeigte sich begeistert: „KULTUR SHOCK is what punk rock should sound like“). Über das Netzwerk der Musiker:innen aus Ex-Jugoslawien (unter anderem auch Kris Novoselic/NIRVANA) kam schnell der Kontakt zu Billy Gould (FAITH NO MORE) zustande, der nicht nur 2001 ihr Album „Fucc The I.N.S.“ produzierte, sondern es auch auf seinem Koolarrow-Label (wie auch die nächsten beiden KULTUR SHOCK-Alben) veröffentlichte. Die späteren Platten (vier Studio- und drei Live-Alben) veröffentlichte die Band auf ihrem eigenen Label. Zum 20-jährigen „Fucc The I.N.S.“- und 25-jährigen Band-Jubiläum gibt es nun eine von Bob Gould remasterte Version der elf Songs. Nicht nur für Fans von Gruppen wie GOGOL BORDELLO oder DUBIOZA KOLEKTIV ein Muss.